Vorwort (Auszug)
Die Jagd mit all ihren Licht- und Schattenseiten hat in meinem Leben von Kindheit an eine große Rolle gespielt.
Als ich noch ein Kind war, hat mein Vater mit seinen Jagderzählungen die jagdlichen Gene in mir geweckt und gefördert. In meinem 60igjährigen Jägerleben habe ich zwei verschiedene Jagdsysteme kennengelernt und dabei festgestellt, dass sich der Umgang mit der jagdbaren Tierwelt dem jeweiligen Zeitgeist unterordnet. . . .
. . . . "Erinnerungen sind ein Privileg des Alters" so hatte ich es mal irgendwo gelesen. Diese Erkenntnis bewog mich zu dem Entschluß meine jagdlichen Erlebnisse in einem kleinen Buch niederzuschreiben, damit meine Enkel und Urenkel, die ich über alles liebe, später mal nachlesen können was ihr Opa und Uropa so alles auf der Jagd erlebte. Auch ein bischen Zeitgeschichte über die Jagd in der DDR soll nicht unerwähnt bleiben. Vielleicht finden sich auch sonst noch ein paar Menschen die sich für das Buch interessieren - das würde ich mir sehr wünschen.
Muffelwild (Auszug)
. . . .Noch ein schönes Erlebnis hatte ich in den achtziger Jahren im Frühjahr mit dem Muffelwild. Ich pflanzte im Südhang der Holzleite Fichten. Von da aus hatte ich guten Ausblick auf die Gemeinschaftswiese und konnte auch weit ins Nachbarrevier Oschitz schauen. Die Wisenta führte Hochwasser und alle Grundwiesen waren überflutet. Bei einer kleinen Arbeitspause bemerkte ich, dass über die Winterleite herunter ein Stück Wild zielstrebig Richtung Holzleite wechselte. Da ich meistens das Fernglas dabeihabe, konnte ich feststellen, dass es ein Muffelschaf mit einem ganz kleinen Lamm war. Das war seltsam, denn im Gräfenwarther Jagdgebiet, zu dem auch die Oschitzer Flur gehörte, wurde noch nie Muffelwild gesehen. Jetzt war ich aber gespannt, wie das Schaf reagieren würde, wenn es die überflutete Gemeinschaftswiese sah, weil ja bekannt war, das Muffelwild natürliche Grenzen, wie Wasser, nicht so gerne überschreitet. Das Altschaf bewies mir aber etwas völlig Neues: Ohne zu zögern wechselte sie in die überflutete Wiese, mußte zeitweilig sogar rinnen und das Lamm folgte wie an einer Schnur gezogen. Dann kam das Schaf an das Flußbett der Wisenta, die dort ein reißender Fluß war. Ohne Aufenthalt sprang das Schaf in die Fluten, wurde etwa zwanzig Meter abgetrieben und erreichte glücklich das andere Ufer. Das Lamm, welches unbeirrt folgte, wurde etwa einhundert Meter abgetrieben, kam aber unbeschadet am anderen Ufer an und wurde von Altschaf, welches am Ufer mitgezogen war, beleckt. Dann schüttelten sich Beide das Wasser aus der Decke und setzten ihren Weg Richtung Reisig fort. Da war ich sprachlos und dachte nur noch "Hut ab", was ich dann auch augenblicklich tat.