Vorwort
Konzerte gehören für mich seit 1990 zum guten Ton. Das darf man gerne wörtlich nehmen. Konzertbesuche hatten nach dem Fall des Eisernen Vorhanges für uns Ostdeutsche ohnehin eine besondere Bedeutung, denn sie hatten etwas von Nachholen. Die Frequenz der Besuche blieb bei mir stets überschaubar, wenn ich Vergleiche in meinem persönlichen Umfeld heranziehe. Familiengründung, Einstieg und frühzeitiger Wechsel im Beruf gaben zu Beginn die Prioritäten vor.
Allerdings geht es bei musikalischen Ereignissen aus meiner Sicht nicht vorrangig um Quantität, sondern vielmehr um die Qualität der Darbietung. Durch meine Tätigkeit in einer Zeitungsredaktion ergaben sich schnell Möglichkeiten, die ihren Reiz nicht verfehlten. Heute kann ich sagen, dass die Nachfragen aus den Redaktionen nach Konzertberichten Anfang der 1990er Jahren noch gering waren. Um die Jahrtausendwende änderte sich die Situation. Plötzlich war es für die Angestellten aus Redaktionen chic, Veranstaltungen in größerer Zahl selbst wahrzunehmen. Neue Spielstätten wie die Messehalle in Erfurt (1997) oder die Arena in Leipzig (2002) eröffneten neue Möglichkeiten.
Für mich ergab sich erst einmal eine kleine Durststrecke. Das änderte sich mit einer höheren Nachfrage aus Lokalredaktionen. Zwei Beispiele waren die Kulturarena in Jena oder das jährliche Butzemannfest mit der Band Biba & die Butzmänner in Triptis. Dort gab es über eine längere Zeit in Folge wechselnde Stars auf der Bühne. Dadurch wurde mein regionaler Blick auf solche Veranstaltungen geschärft.
Mit dem Internet-Magazin RockTimes begann 2010 eine sehr intensive Zusammenarbeit, in deren Folge mein Aktionsradius stark erweitert wurde. Besprechungen von CDs und Büchern gesellten sich zu den angestammten Konzertbesuchen. Ich möchte nicht verschweigen, dass es immer schwerer wurde, Akkreditierungen zu erhalten. Die Gründe sind vielschichtig. Hartnäckigkeit kann helfen, gepaart mit einer Liste bekannter Ansprechpartner als Türöffner.
Zu meinen Erlebnissen gehörten ferner Besuche, bei denen der Fotoapparat aus naheliegenden Gründen gleich zu Hause blieb. Dazu zähle ich außergewöhnliche Konzerte in Prag mit Pink Floyd (1994), Rolling Stones (1995) und Michael Jackson (1996) sowie in der Gegenwart die erstklassigen Darbietungen von Rammstein in München und Iron Maiden (Hannover), jeweils 2023. Rush, Metallica und Gitarrenvirtuose Joe Satriani sind stellvertretend weitere Beispiele. Selbstverständlich lassen sich solche Konzerte ohne die Pflichten als Fotograf viel besser genießen, lastet doch darauf nicht der sonst übliche Druck bei der Arbeit mit der Kamera.
Aus meiner journalistischen Arbeit habe ich stets Handwerk, Leidenschaft und Herzblut in die Konzertberichte eingebracht. Hinzu kommt, dass ich bei der Konzertfotografie meine Hobbys Fotografie, Musik und Konzerte gut miteinander verknüpfen konnte
Die vergangenen dreieinhalb Jahrzehnte werte ich aufgrund der Fülle musikalischer Ereignisse als großes Geschenk. Mit einer überschaubaren Zahl bei Konzerten blieb jedes Ereignis etwas Besonderes. So sollte es sein. Künstler, denen ich ein wiederholtes Mal begegnet bin, konnten sich aufs Neue auszeichnen.
Ich sehe es, mit Abstand betrachtet, so, dass ich die mir gebotenen Möglichkeiten in Beruf und Freizeit gut genutzt habe. Dabei ist es ein schöner Lohn, wenn die eigene Arbeit andere Menschen anspricht, so wie ich es bei meinen Einzel- und Gruppenausstellungen in Pößneck (zwei Mal) und Krölpa (2024 zum zweiten Mal) jeweils erleben durfte. Noch schöner ist es, wenn sich daraus Gespräche über gemeinsame Erlebnisse ergeben.
Ich betrachte Fotos als eine emotionale Botschaft. Das deckt sich sehr wohl mit der Wahrnehmung von Musik. Das Buch "Konzertgeschichten" ergänzt die vorliegenden Fotos um kleine Episoden. Es ist kein Widerspruch, wenn hier einige Informationen betont sachlich ausfallen. Ich statte die Kapitel mit dem Wunsch aus, beim Lesen etwas Neues zu entdecken und dabei ruhig einmal über den Tellerrand hinaus zu schauen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Musik lebt von Neuentdeckungen.
Mario Keim, November 2024